Ich, Angelica Sylvestris
Tja ich sag‘s euch, ich habe eine große Familie – und die Verwandtschaft ist nicht immer nett… Ich erinnere in diesem Zusammenhang nur an Sokrates und dessen etwas unrühmliches Ableben – aber ich bin da ganz anders.
Meine Statur ist aufrecht, meine Blüten haben etwas Feines, Lichtvolles und wirken oft als kleine, helle, weiße Lichtkugeln im dunklen Blätter-/und Tannenwald; ich habe einen runden, dicken, dunkelgrünen bis – violett überfärbten Stengel – ich strahle Kraft, Stärke und Vitalität aus; es ist die Herzkraft - denn ich bin eine Pflanze der Sonne. Im Zeichen des Löwen – also Juli/August und bis in den September hinein, blühe ich.
Ich werde so ca. 1m 50 groß aber meine große Schwester schafft es auf fast 2 ½ m! So bin ich auch die Pflanze für die Mutlosen, Depressiven, Verzweifelten und stärke die Schwachen. Dies gilt übrigens auch für ein angeschlagenes Immunsystem. Meinen aromatischen Geruch teile ich mit vielen Verwandten.
In den Hausgärten findet man mich heute kaum mehr; das war nicht immer so: ab dem 14. Jh., als Mönche mich aus dem hohen Norden mitgebracht und in ihren Klostergärten angepflanzt haben, zog ich langsam auch in die Hausgärten ein. Vorher, also in der Zeit vor dem 14. Jh. War meine Wurzel heiß begehrt und wurde als teure Handelsware eingeführt!
Selbst Gesetze regelten früher die Mitnahme aus dem eigenen Garten bei Umzug!
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Name & Familie
Heilwirkung & Schutz
Inhaltsstoffe
Mythen & Sonstiges
Gerbstoffe, Bitterstoffe, ätherische Öle, Furocumarine, Vitamin C, Borneol, Carvon, Flavone, Glykose, Lutein, Linalool…
Wirkung auf Haut, Immunsystem, Verdauungsorgane, Lungen/Bronchien, Gemüt...
Man setzt mich ein, bei Gicht, Appetitlosigkeit, Blähungen, Erkältungskrankheiten, Rheuma, Erschöpfungszuständen, Migräne, Leberschwäche, Magenschwäche, Verstopfung.
Die Wirkung ist antiseptisch, abwehrsteigernd, kraftspendend, Kreislauf stabilisierend, aufhellend; verwendet werden in erster Linie die Samen und die frischen oder getrockneten Wurzeln.
Auch die ätherischen Öle von Wurzel und Samen, oder das Pflanzenwasser finden zunehmend in Kosmetik, Raumklärung und Gesundheits-Vorsorge Anwendung.
Ich gehöre zur Familie der Doldenblütler oder, wie man uns früher bezeichnete: Umbelliferen – oder Schirmblütler. Ich persönlich finde diese Namen immer noch schöner, treffender und sinnvoller, als der neue Name: Apiaceae (Benannt nach einem meiner bleichköpfigen Brüder, dem Sellerie!).
Der Namen sind gar viele, mit denen man meiner gedenkt: Angstwurz, Brustwurz, Giftwurz, Glückenwurzel, Heiligenbitter, Heiligengeistwurzel, Zahnwurzel und in einigen Namen klingt bereits an, wofür mich die Menschen über die Zeiten hin verwendet haben.
Zu meiner Familie gehören sehr viele der aromatischen Würzpflanzen: Petersilie, Kümmel, Koriander, Kerbel, Anis, Dill, Fenchel, Liebstock, Bibernell etc. oder wichtige Gemüsepflanzen wie Pastinake, Sellerie, Möhre etc.
Ein paar unfreundliche Gesellen, die man tunlichst meiden sollte, weil sie einfach scheißgiftig werden können sind: der Wasserschierling und der gefleckte Schierling (nur in homöopathischen Dosen genießbar), Hundspetersilie, der große und kleine Merk.
Schon die Namen sind Programm:
So bin ich in vielen Kräuterelixieren und Magen“wärmern“ enthalten und stehe als „appetizer“ zur Verfügung. Kleinen Kindern legte man mich gerne um den Hals, um sie so vor dem „Beschreien“ (=Verfluchen) zu schützen und die Alpträume fernzuhalten. Auch als antiker „Beißring“ – sozusagen - beim Zahnen der Kleinkinder tat ich gute Dienste.
Ich hab noch eine große Schwester – die Angelica Archangelica. Schon ihr Name hat’s in sich: er spielt auf die gute Connection zu Erzengel Michael an, der stärkt ihr immer den Rücken und so darf sie sich auch Erzengelwurz nennen. Sie ist es auch, auf die alte Spagyriker und moderne Pflanzen- und Heilkundige gerne zurückgreifen, um aus ihren Blättern, Wurzeln und Samen heilkräftige Elixiere und Heilmittel zu brauen.
In der Küche bin ich ebenfalls beliebt zum Verfeinern süßer Naschereien und zum Aromatisieren von Essig und anderen Speisen. Meine Brüder Wiesen-Bärenklau und Herkulesstaude sind durchaus auch genießbar.
Beide werden in der Feinschmeckerküche zu höchst teuren und raffinierten Speisen verarbeitet.
Räucherungen mit mir sind uralt.
Der Sage nach soll diese heilkräftige Pflanze den Menschen von einem Engel (gr.: „angelos“) gezeigt worden sein.
Folke Tegetthoff erzählt in seinen „Kräutermärchen“ von der Heilung eines ganzen Dorfes durch die Engelwurz.
Da wären noch meine zwei großen Bärenklau-Brüder und wenn ich groß sage, dann ist von bis zu 4m die Rede! So groß und u.U., wenn man ihn lässt, sogar noch größer kann mein Bruder Riesenbärenklau nämlich werden – er heißt ja auch nicht zufällig Herkulesstaude – er hat wirklich Bärenkräfte.
Leider ist der Riesenbärenklau den Menschen nicht ganz geheuer und gegen ihn wird regelrecht zu Krieg gezogen – Mann, da könnt ihr was von moderner Kriegsführung lernen!
Am liebsten würde man ihn ausrotten – anstatt ihm zuzuhören; er hat viel zu erzählen über die Heilkunst und so. Aber – sein Saft kann(!) zu Verbrennungen 3. Grades führen, wenn man mit ihm in Berührung kommt und dann in die Sonne geht!